Interpretation und Veranschaulichung der 'sette spada'
Ein Essay von u Michael Schüle,
Mitglied im SchwertRing und Leiter der Fechtschule Sieben-Schwerter Liberi schlägt vor, dass ein guter und ehrbarer Kämpfer die vier Attribute in sich vereint. Die Ausgeglichenheit und die Balance dieser vier Eigenschaften gilt es anzustreben, da nur die fließende Verbindung dieser Attribute ein Ganzes darstellen. Die Attribute in ihrer Einzelheit bewirken nichts, als Ganzes sind sie wohl unschlagbar. Ein verborgenes fünftes Attribut ergibt sich vermutlich durch die Verschmelzung der vier Attribute in einem Meister. Ebenso wie bei den dreien: Körper, Geist und Seele. Im Shaolin Kung Fu gibt es "die fünf Formen": Tiger, Kranich, Leopard, Schlange und Drache. Erstaunlich ist, dass es fünf Tiere sind, doch der Drache unterscheidet sich von den anderen. Der Drache ist eine erdachte, unechte, übernatürliche oder auch künstlerisch erschaffene Kreatur. Er soll nach Shaolin für die innere und langsame geistige Kraft stehen. Die innere Werdung soll geprägt werden und der Geist soll ausgeglichen sein. Vielleicht gibt es bei Fiore dei Liberi kein fünftes Tier, weil er die Vereinigung aller Attribute nicht als Tier beschreibt, sondern in ihr den Meister sieht. Vergleich zu Liechtenauer:Ebenso wie bei den Versen Liechtenauers werden Reime verwendet, die beschwingt klingen und fließend gesprochen werden können. Beide beinhalten Rhythmik, welche aus dem Tanz beziehungsweise aus der Musik kommt und sehr viel mit Harmonie zu tun hat. Eine Kunst ist beschwingt und beinhaltet Rhythmik und fließendes Bewegungsgefühl.Einzelinterpretationen der Texte und Bilder:Text links obenÜbersetzung:"Noy semo quartro animali de tal conplesione Chi uole armiçar de noy faço conparatione" "Wir sind vier Tiere unsere Züge im Gesamten, er der sich mit uns wappnet, trägt uns im Ganzen." Künstlerisch: "Wir sind vier Tiere unsere Züge im Gesamten, er der sich mit uns wappnet, trägt uns im Ganzen." Ergänzung: Jede Herausforderung mit einem anderen Meister setzt voraus, dieselben Meisterattribute zu haben, oder man wird schnell besiegt. Text rechts obenÜbersetzung: "E chi de nostre uertu hara bona parte In arme hauera honor chomo dise l'arte" "Und wer Teil unserer guten Eigenschaften hat, wird mit der Waffe die Kunst ehren." Künstlerisch: "Und wer unsere guten Tugenden in sich teilt, führt die Waffe und ehrt wohl Kunstfertigkeit" Ergänzung: Die Kenntnis und Übung der vier Attribute der Tiersymbolik kann den Schüler die Tugenden in sich vereinen lassen. Der Luchs - 1. AttributWort: Prudentia = Klugheit, Voraussicht, Erfahrung Übersetzung: "Meio de mi'louo ceruino non uede creatura E aquello meto sempre a sesto e mesura" "Kein anderes Tier sieht so klar wie ich und nutzt die Methode des Zirkels für Länge und Maße" Künstlerisch: "Kein anderes Tier so klug und klar in der Sicht nutzt den Zirkel für Länge und Maße wie ich" Interpretation: Der Lux besitzt im Mittelalter die Gabe der Vorausahnung, das kann bedeuten, den Kampf zu lesen und zu erfühlen, was der Gegner vorhat. Er hält einen Zirkel in der Hand, welcher vermutlich die Distanzeinschätzung zwischen zwei Punkten bzw. zwei Fechtern verdeutlichen soll. Ergänzung: Durch die Erfahrung, vorher zu wissen, was ich wann zum richtigen Zeitpunkt in kluger Mensur umsetze. Sport: Intuition, Erfahrung, Einschätzung Der Löwe - 2. AttributWort: Audacia = Kühnheit, Wagemut, EntschlossenheitÜbersetzung: "Piu de mi lione non porta cor ardito Pero de bataia faço a zaschaduno inuito" "Keiner bringt ein wagemutigeres Herz als ich, der Löwe, der jeden im Kampfe fordert." Künstlerisch: "Keiner bringt ein wagemutigeres Herz als ich, der Löwe, der jeden im Kampfe fordert." Interpretation: Der Löwe ist im Mittelalter oft das Wappentier der Könige. Er steht für Kühnheit, Leidenschaft und Entschlossenheit, um tapfer und aufrecht mit reinem Herzen in den Kampf zu treten. In der Rechten hält er ein Herz, welches für die große Zuversicht und Vertrauen in die eigene Kunstfertigkeit steht. Ergänzung: Die Kühnheit oder Entschlossenheit, sich einer Herausforderung entgegenzutreten, erfordert Wagemut. Sport: Durchzug, Entschlossenheit, Willenstärke, Herzenskraft Der Tiger - 3. AttributWort: Celeritas = Geschwindigkeit, SchnelligkeitÜbersetzung: "Yo tigro tanto son presto a corer e uoltare Che la sagita del cello non me po auancare" "Ich bin der Tiger, schnell im drehen und im wenden, ein Pfeil vermag es nicht mich zu erreichen." Künstlerisch: "Ich bin der Tiger, schnell im Drehen und im Wenden, ein Pfeil vermag es nicht, mich abzulenken." Interpretation: Der Tiger links steht für die Schnelligkeit, Hartnäckigkeit und Zuverlässigkeit. Unerbittlich, unbarmherzig und unnachgiebig, wenn er jagt. Er wird als ungezügelt leidenschaftlich beschrieben. Ergänzung: Das Gefühl für Distanz und Geschwindigkeit ermöglicht Reaktionsfähigkeit und Einschätzung für die zurückgelegte Wegstrecke pro Zeit. Sport: Reaktion, Schnelligkeit, Wendigkeit, Sprungbereitschaft Elefant - 4. AttributWort: Fortitudo = Tapferkeit, StärkeÜbersetzung: "Ellefant son e uno castello ho per cargho E non me inçenochio ni perdo uargho" "Ich, der Elefant trage eine Bürde, die Last einer Burg, ich knie niemals nieder, noch verlasse ich meinen wahren Platz." Künstlerisch: "Der Elefant trägt eine Burg als Last, kniet niemals und verliert nicht seinen Ort" Interpretation: Der Elefant steht für Standhaftigkeit, Tapferkeit, Stärke und Unbeugsamkeit. Er zeigt keine Kniegelenke, was ihn sehr standhaft wirken lässt. Ergänzung: Stärke und innere Kraft gewähren die Tapferkeit in jeder Situation Tag für Tag. Sport: Stabilität, Gleichgewicht, Kraft, Standhaftigkeit, innere Kraft Euer Michael Schüle von 'Sieben-Schwerter' Stuttgart 2010 |